Sinn und Unsinn: Kastanien sammeln

Geschrieben am 29.09.2024
von Jasmin Taher


Es ist Herbst, die Bäume werfen mit Samen, Früchten und Blättern um sich. Der eine Teil davon, Eicheln, Kastanien und Bucheckern, ist unglaublich kostbar und muss einzeln und liebevoll vom Boden aufgelesen werden. Der andere Teil ist lediglich zeitweise gebundenes CO2. Dieses wird mit dem großen Besen rasch zusammengefegt und lieblos in der Komposttonne entsorgt. Ohne meine treibende Kraft – braunhaarig, rehäugig, 105 Centimeter groß und unglaublich tonangebend – könnte ich mich selbst kaum dazu anspornen, im Akkord unzählige Kastanien zu sammeln. Aber dank meiner extrinsischen Motivation schlurfe ich durch das raschelnde Laub und bücke ich mich für jede einzelne Rosskastanie, die ich sehe.

Wo stehen die Kastanienbäume?

Bevor ich Kinder hatte, war es mir gleichgültig, an welcher Ecke in unserer Stadt welche Art von Laubbaum gepflanzt war. Heute weiß ich sehr genau, wo die edlen Kastanienbäume stehen. Und selbst bei drisseligem Herbstwetter lasse ich mich nach draußen treiben, um unsere Schatzkammern mit Kastanien, Stiel- und Traubeneicheln, Wal- und Haselnüssen aufzufüllen und um bunte Blätter und rote Hagebutten nach Hause zu tragen.

Wohin mit der Kastanienkunst?

Dies ist eine satirische Kolumne und deshalb teile ich an dieser Stelle keine Bastelanleitungen für Mädchen, Männchen, Einhörner, Igel oder sonstige Kastaniengebilde. Ich gebe auch keine Ideen weiter, welch schönen Bilder, Blumen oder Laternen man mit Herbstlaub gestalten kann. Wenn Sie online nach „laub blumen basteln“ suchen, finden Sie unzählige Inspirationen von Leuten, die offenkundig viel lieber basteln als ich. Nur eine Sache konnte ich in all den Anleitungen nicht finden. Wenn Sie mir also einen Tipp hätten, wie man die kreativen Basteleien ohne mittelgroßes Drama entsorgen kann, wäre ich Ihnen dankbar.

Der Trend zur großen Bastelparty

Kinderpartys boomen. Vorletzte Woche wurde meine Tochter mittwochs spontan zu einer Bastelfeier am drauffolgenden Freitag eingeladen. Als ich sie abgab, stand eine riesengroße Schüssel mit vorgebohrten Kastanien in der Küche. Als ich sie abholte, war daraus eine überdimensionale Wanddeko entstanden. Diese liegt jetzt trostlos in einer Ecke im Kinderzimmer, darf aber leider nicht entsorgt werden (s.o.). (Ich wäre wirklich dankbar für Ihren Tipp.)

Die Einladung zum Verkleidungsfest

Einige Tage später sprach meine Tochter im Kindergarten eine spontane Einladung aus und lud ihre liebsten Freundinnen, Freunde und Erzieherinnen zu uns ein. Nach kurzem Überlegen ließ ich mich dazu hinreißen, ein herbstliches Verkleidungsfest zu organisieren. Als Beschäftigungsprogramm wollte ich mit den Kindern in unserem Garten Kürbislaternen schnitzen. (Kürbiskunst hat den entscheidenden Vorteil, dass sie dank der Erderwärmung immer schneller anfängt zu schimmeln und deshalb ohne weiteres Drama entsorgt werden kann.) Nur leider hatte ich die Rechnung ohne meinen Mann gemacht. Der verabscheut es nämlich, wenn man mit Essen spielt und sprach deshalb ein lokales Kürbisschnitzverbot aus. Daraufhin habe ich die gekauften Kürbisschnitzsets wieder zurückgebracht. Was ich mit acht Kindern und drei Erzieherinnen nächsten Mittwoch stattdessen im Garten unternehmen werde, weiß ich nicht.

Koch- und Backworkshops in Oelde

Kekse und Weihnachtsgebäck haben übrigens den entscheidenden Vorteil, dass sie sich wie von Zauberhand selbst zerstören. Deshalb hier noch ein Tipp für alle Eltern, die noch einen Kindergeburtstag feiern wollen: Veranstalten Sie einfach eine Weihnachtsplätzchenbackparty im Vier-Jahreszeiten-Park. (Anm. der Redaktion: Der letzte Teil dieses Abschnitts ist derzeit leider nicht umsetzbar, da die Gläserne Küche weiterhin aufgrund der letzten Überschwemmung außer Betrieb ist.)


Jasmin Taher, freie Autorin, Kolumnistin konzentriert sich lieber auf die vergänglichen Künste – Musik und Theater – die man sich weder an die Wand hängen noch ins Regal stellen kann und somit auch nicht unter großem Gezeter entsorgen muss. Kontakt: unsinn@oelder-schaufenster.de

 

Diese Kolumne erschien erstmals im Herbst 2021 im Oelder Schaufenster.